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„Zugezogenen liegt die Dorferneuerung am Herzen“ – Spaziergang zur Ev. Kirche und Dorfrundgang in Vendersheim

Vendersheim ist ein idyllisches, sehr hübsches Dorf. Dieser Eindruck vermittelt sich dem Besuchenden sofort bei der Einfahrt in der Hauptstraße. Wie wir später erfahren, bereichern auch die Zugezogenen das Gesicht des Ortes und renovieren alte verlassene Häuser fachkundig und liebevoll.
An einem sonnig-heißen Tag informieren sich Teilnehmende des Ev. Dekanat Alzey-Wöllstein in der Ev. Kirche Vendersheim über das neugotische Gotteshaus der Gründerzeit, indem aktuell 14tägig Gottesdienst gefeiert wird. Pfarrer Harald Esders-Winterberg führt die Interessierten durch die renovierte Kirche; der Raum wirkt licht, hell und großzügig. Eine originale Kirchenbank aus 1870 ist erhalten, ebenso die alte Kanzel und Orgel aus dem 19. Jahrhundert – ein Kleinod ebenso wie die aufwendig gemalte historische Kassettendecke. Taufbecken und Altar (Stahlkonstruktion in Kreuzform) sind im modernen Glas-Stahl Ensemble von Claudia Poschmann entworfen. Die Gemeinde hat sich die Kirche in Hochheim zum Vorbild genommen und den Architekten Ekkehard Enders mit ins Boot geholt.


Durch die Bestuhlung ist das Gebäude multifunktional benutzbar und zukunftsfähig verändert worden. So beherbergte der Kirchenraum bereits ein Beduinenzelt (mit Mose unterwegs).
Einst war die Ev. Kirche eine Simultankirche und lag ein paar hundert Meter weiter auf einem Hügel, wie Ortsbürgermeisterin Elfi Sieben-Schmitt weiß. Unter der Dorf-Eiche vor den beiden Kirchen zeigt sie der Gruppe, wo früher die alte Dorfschule (heute Kita) und Feuerwehr war.
Ort und Kirche verändern sich im Lauf der Jahrhunderte. Vendersheim ist eine fränkische Gründung mit einer Ortsbefestigung durch Wassergräben und Scheunenkranz. Eine frühe Besiedlung bestand bereits in der Jungsteinzeit. Ausgrabungsgegenstände dieser Zeit befinden sich in Mainzer Museen. Der Platz an der Kirche ist heute ein Treffpunt für Bürgerinnen und Bürger, z.B. am Eis-Auto. Hier befindet sich auch die ehemalige Schule mit Lehrerwohnhaus. Heute wird das Gebäude für den Kindergarten der Gemeinde genutzt. Das Lehrerwohnhaus wurde verkauft. Das ehemalige Feuerwehrhaus wird renoviert und als Abstellraum für Vereine genutzt. Die Eiche am Platz wurde nach dem 1. Weltkrieg gepflanzt.
Der Friedhof von Vendersheim wurde einst in einen katholischen und evangelischen Teil aufgeteilt.
Die urkundliche Erwähnung einer Kirche zu Ehren des hl. Martins oberhalb des Dorfes erfolgte erstmals im 14. Jahrhundert. Der frühromanische Turm und das gotische Kirchenschiff wurden als Simultankirche genutzt. Wegen fehlender Renovierung verfällt das Gebäude zusehends – 1866 folgt der Abbruch der Kirche.
Ab 1900 wächst das gemeinschaftliches Engagement in der Gemeinde: Es entstehen die Winzergenossenschaft, die Gründung von Gefriergemeinschaft und Bügelgemeinschaft, und das Wiegehäuschen.
Vendersheim ist durch ein harmonisches Ortsbild geprägt, die schön renovierte alte Bausubstanz, oft durch Neubürger in der Gemeinde entstanden, ziert das Ortsbild.
Die ehemalige jüdische Gemeinde in Vendersheim zeichnet um 1850 bis zu 50 Personen, 1905 waren noch 20 Personen ansässig, 1933 noch 3 Familien. Eine Familie konnte emigrieren, die beiden anderen Familien kamen in Konzentrationslagern ums Leben. Derzeit gibt es Bemühungen um einen Gedenkstein auf dem Friedhof.
Die Ortherren von Vendersheim – die Grafen von Eltz-Kempenich – mit den Lehensherren Brenner von Stromberg – wohnten vermutlich im Wohnturm in der heute fälschlicherweise Bremerturmgasse benannten Straße Wegkreuz am Klauer.
Teil der alten Infrastruktur in Vendersheim waren 3 Lokale teilweise mit Kegelbahn, Ladengeschäften, Bäckerei, vielfältigem Handwerk, Bank, Post, Raiffeisenlager, Busanbindung (Transfer zu Straßenbahnstation in St. Johann zu Einkäufen in Bad Kreuznach).
Die Ortsgemeinde war ländlich geprägt mit Weinbau, Ackerbau, und Viehhaltung bis in die 50iger Jahre. (laut Statistik gab es 1952 über 1000 Hühner im Dorf, und über 2000 Obstbäume um das Dorf!)
Die Katholische Kirche St. Martin wurde im Jahr 1790 errichtet. Unterstützt wurde der Bau von den Ortsherren, den Grafen von Eltz. In der Kirche befinden sich ein Taufbecken mit Wappen der Fürsten von Stromberg und eine Glocke aus der Vorgängerkirche, sowie wertvoll geschnitzte Bänke, verschiedene Figuren und ein Hochaltar, der aus der Hofkapelle der Grafen ein Eltz in Mainz stammen soll. Ergänzt wird die schöne Ausstattung durch eine kleine Orgel der Orgelbauerfamilie Schlaad aus Waldlaubersheim.
Vendersheim liegt am Jakobspilgerweg, eine Stempelstation befindet sich an der Kath. Kirche:



Gedanken zu Lebenswegen
„Manche Wege führen mich in die Irre,
andere führen mich zum Ziel.
Manchmal gehe ich unbeschwert und ohne Gepäck,
manchmal gehe ich allein und fühle mich einsam.
Manchmal bin ich gespannt und voller Erwartung,
ein andermal gehe ich mit Angst und Zögern.
Welche Wege ich auch immer nehme
und in welcher Verfassung ich bin,
es sind unverwechselbar mein Lebensweg.
Durch sie bin ich geworden,
bin ich der, der ich bin.“

Das Ev. Dekanat Alzey-Wöllstein bedankt sich für den Einblick in die engagierte Dorfgemeinschaft.
Bericht: Elfi Schmitt-Sieben/Petra Tebrün
Fotos: Petra Tebrün

Vom Glauben durch’s Leben getragen

In vielen rheinhessischen Dörfern kennt man sie, die Menschen, die durch ihr großes Engagement für „ihre“ Kirchengemeinde, quasi als Verkörperung dieser dörflichen Institution angesehen und geachtet werden. Hiltrud Runkel und ihr leider viel zu früh verstorbener Mann Horst Runkel gehören zu dieser Gruppe Engagierter  – auf die Kirche nicht nur heute baut, sondern auch in der Zukunft bauen wird, wenn Hauptamtliche nicht mehr so häufig vor Ort sein können.

Hiltrud Runkel steht aber als Ehrenamtliche nicht nur auf Gemeinde-Ebene für die Kirche ein, auch auf Dekanats- und Landeskirchen-Ebene war sie über Jahrzehnte stark engagiert und ist dies bis heute. Und dafür wird die 73-jährige von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau am 27. September 2024 anlässlich der Synode des Evangelischen Dekanats Ingelheim-Oppenheim in Schwabsburg mit einer Ehrenurkunde ausgezeichnet.

Die gebürtige Partenheimerin hat sich diese Ehrung mehr als verdient. In einem evangelischen Elternhaus aufgewachsen, erlebte sie nach dem frühen Tod ihres einzigen Bruders, wie der Glaube gerade in Lebenskrisen Halt geben kann. Geborgen in ihrer evangelischen Heimatgemeinde, gestaltete sie schon als Jugendliche den Kindergottesdienst mit. Engagierte sich dann als junge Frau für die Frauenhilfe im Ort und war auch bald in der Arbeitsgruppe „Frauen“ auf Dekanatsebene mit dabei. Dort bereitete sie nicht nur Treffen für die Organisatorinnen der damals noch stattfindenden Gemeinde-Frauentage vor, sie war bald auch im Organisationsteam des einmal jährlich stattfindenden Dekanatsfrauentags, den sie ab Ende der 1990er Jahre bis 2020 federführend organisierte. In dieser Zeit entwickelten sich die Dekanatsfrauentage mit mehreren hundert Gästen zu den bestbesuchten Veranstaltungen des damaligen Dekanats Ingelheim und Hiltrud Runkel wurde als Dekanats-Frauenbeauftragte gewählt.

Dazu kam noch die Vorbereitung des traditionell im März jeden Jahres stattfindenden Weltgebetstages. Diese vorbereitungsintensiven Treffen fanden dann in Kooperation mit den Evangelischen Frauen in Darmstadt statt. Kein Wunder, dass Hiltrud Runkel bald auch Delegierte des Dekanats Ingelheim bei den Evangelischen Frauen in Hessen und Nassau e. V. war.  Aber nicht nur überregional war das Engagement der gelernten Bankkaufrau groß, auch das Wohl und Wehe ihrer eigenen Kirchengemeinde lag ihr sehr am Herzen. So organisierte sie hier jahrelang das traditionelle Kirchencafé (früher: Evangelische Frauenhilfe), übernimmt bis heute die Geburtstagsbesuche und ist wichtige Ansprechpartnerin, wenn es um das Thema „Friedhof“ und „Bestattungen“ in Partenheim geht.

Unabdingbar für die Übernahme so vieler – insbesondere auch organisatorischer – Aufgaben ist die Freude am Umgang mit den unterschiedlichsten Menschen. Kein Wunder, dass Hiltrud Runkels Lieblingsstelle in der Bibel, „Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen“ (Matthäus 5, Vers 8) ist. „Das war schon mein Konfirmationsspruch und er hat mich geprägt“, erklärt Hiltrud Runkel, „denn er ist gut für das menschliche Miteinander. Wer mit sich selbst im Reinen ist, seine Fehler kennt und zugibt, der kommt auch gut mit anderen Menschen aus.“

Kein Wunder auch, dass sie nicht nur in ihrer Gemeinde bekannt wie ein „bunter Hund“ ist, sondern dass sie auch außerorts insbesondere von vielen Frauen mit Namen begrüßt wird. Dazu hat sie seit 1998 zuerst als Lektorin, dann als Prädikantin, seit sie 2002 von Propst Dr. Klaus Schütz in dieses Amt der Verkündigung eingeführt wurde, in den meisten Kirchengemeinden des nun fusionierten Dekanats Ingelheim-Oppenheim Gottesdienste gehalten.

Zusammen mit ihrem Mann Horst Runkel, der von 2012 bis 2019 Präses im Evangelischen Dekanat Ingelheim war, hat Hiltrud Runkel viel bewegt. Bis heute ist das Ehrenamt ein wichtiger Teil im Leben der zugewandten Partenheimerin, prägt ihren Alltag, lässt sie viel herumkommen und erleben. Ihr und der Institution Kirche ist zu wünschen, dass diesem Vorbild noch viele Menschen folgen werden.

Text und Foto: Hilke Wiegers

Das Dekanat trauert um seinen DSV-Vorsitzenden Helmut Lohkamp

Sein Glaube war sein Kompass

Foto: Rolf Oeser

Helmut Lohkamp war ein Mensch, wie Kirche ihn braucht, schon immer gebraucht hat und auch in Zukunft brauchen wird: Im festen Glauben verankert, voller praktischer Nächstenliebe, offen, zupackend, mit Weitsicht – über Jahrzehnte ehrenamtlich engagiert. Der Tod des 76-jährigen Vorsitzenden des Dekanatssynodalvorstandes im Evangelischen Dekanat Ingelheim-Oppenheim Ende August 2024 reißt eine große, schmerzliche Lücke auch in seiner Gemeinde, der Gustav-Adolf-Kirchengemeinde in Frei-Weinheim, im Dekanat und in der EKHN-Synode, der Lohkamp als Synodaler 15 Jahre angehört hat. 

Erst kürzlich zeigte sich bei der Verleihung der EKHN-Ehrennadel an den gebürtigen Rheinländer, wie geschätzt und anerkannt der IT-Fachmann auf allen Ebenen war. In der bis auf den letzten Platz gefüllten Ingelheimer Versöhnungskirche würdigte die Pröpstin für Rheinhessen und das Nassauer Land, Pfarrerin Henriette Crüwell, Helmut Lohkamp mit den Worten: „Diese Ehrennadel ist ein Zeichen für das Gute, all das Gute, was Dir je für die Kirche eingefallen ist, und was Du tatkräftig umgesetzt hast.“ 

Und Helmut Lohkamp – damals schon von seiner Erkrankung schwer gezeichnet – freute sich über all die Zuneigung und aufrichtige Anerkennung seiner Lebensleistung, die ihm an diesem Tag entgegenbracht wurde. Mit seiner Tapferkeit angesichts der fortschreitenden, absehbar tödlichen Krankheit tröstete er, der eigentlich hätte getröstet werden müssen, Familie, Freunde und Wegbegleiter. Er verkörperte den Leitsatz, der ihn auch durch seine letzten Lebensmonate trug: „Mein Leben ist ein Geschenk. Es ist wie ein Netz, an dem ich mit und für andere gewebt habe. Dieses Netz hat mich immer gehalten und hält mich jetzt.“

Und ein großes Netzwerk hat Helmut Lohkamp wahrhaftig durch sein kirchliches Engagement gewebt. Ob nun durch sein Anpacken in der Gemeinde, bei unzähligen Gottesdiensten und Veranstaltungen, sein langjähriges Mitwirken in Kirchenvorstand und Dekanatssynode, bei der jahrzehntelangen Betreuung des Gemeindebriefs und der Website oder bei der Mitarbeit in gemeindeübergreifenden Projekten wie „Gemeinsam Evangelisch“ oder den „Ehrenamtslotsen“, im DSV des Dekanats, in der EKHN-Synode und etlichen ihrer Ausschüsse, im Kuratorium der EKHN-Ehrenamtsakademie und im Vorstand des Partnerschafts-Ausschusses der Propstei Rheinhessen und Nassauer Land mit der indonesischen Partnerkirche. Immer galt: Auf Helmut Lohkamp ist Verlass. Seine Tatkraft, sein Optimismus und sein Humor waren sein Markenzeichen. 

Sein Rückhalt war seine Familie, die ihn in allem unterstützte. Seine Basis war sein Glaube, wie es der Dekan des Evangelischen Dekanats Ingelheim-Oppenheim, Pfarrer Olliver Zobel, bei der Verleihung der EKHN-Ehrennadel an Helmut Lohkamp treffend beschrieb: „Dein Glaube war dein Kompass, mit diesem Kompass konntest Du Dein Schiff in den Wind stellen und so die Kraft finden, so Vieles zu bewirken.“ Das bleibt.